Was ist Knickung?
Knickung (auch Stabilitätsversagen genannt) tritt auf, wenn ein schlanker Druckstab unter axialer Last plötzlich seitlich ausweicht. Anders als beim Materialversagen durch Überschreiten der Festigkeit ist Knicken ein Stabilitätsproblem – der Stab versagt, obwohl die Druckspannung noch weit unter der Materialfestigkeit liegt.
Die kritische Last, bei der Knicken einsetzt, heißt Knicklastoder Euler-Last. Sie wurde 1744 vom Mathematiker Leonhard Euler erstmals beschrieben und ist fundamental für die Bemessung von Stützen, Säulen und anderen druckbeanspruchten Bauteilen.
Die Euler-Formel
Die klassische Euler-Knicklast berechnet sich zu Fk = π² · E · I / Lk², wobei E der Elastizitätsmodul, I das Flächenträgheitsmoment und Lk die Knicklänge ist. Die Formel gilt für elastisches Knicken bei schlanken Stäben.
Der Schlankheitsgrad λ = Lk / i (mit Trägheitsradius i = √(I/A)) beschreibt die Knickgefährdung. Überschreitet λ die Grenzschlankheit λp, gilt die Euler-Formel. Bei geringerer Schlankheit muss nachTetmajer oder Johnson gerechnet werden, da dann unelastisches Knicken eintritt.
Die vier Euler-Fälle
Die Lagerungsbedingungen beeinflussen die wirksame Knicklänge erheblich. Der Knicklängenbeiwert β multipliziert die tatsächliche Stablänge zur Knicklänge: Beidseitig gelenkig gelagerte Stäbe (Fall II, β=1) sind am häufigsten. Beidseitig eingespannte Stäbe (Fall IV, β=0,5) haben die höchste Tragfähigkeit.
Ein Kragarm (Fall I, β=2) mit nur einer Einspannung hat die geringste Knicklast. In der Praxis sind die Lagerungen oft zwischen den idealen Fällen anzusiedeln, weshalb Sicherheits- beiwerte die Unsicherheiten abdecken.
Praktische Anwendung
Knicknachweise sind bei der Bemessung von Stützen,Druckstäben in Fachwerken, Gewindestangenund hydraulischen Zylindern erforderlich. Die Norm DIN EN 1993 (Eurocode 3) für Stahl und DIN EN 1995 für Holz regeln die genaue Nachweisführung mit Knickspannungslinien.
Um die Knicklast zu erhöhen, kann der Querschnitt vergrößert, die Knicklänge durch Zwischenabstützung verringert oder ein Material mit höherem E-Modul gewählt werden. Rohrquerschnitte sind besonders knicksteif, da das Material weit vom Schwerpunkt entfernt liegt.